Staatssekretär Schmachtenberg betont die Notwendigkeit zum Ausbau der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland mit reinen Beitragszusagen.

Zahlreiche prominente Vertreter aus dem Ausland beneiden Deutschland für die Chance zum Aufbau von Branchen Pensionsfonds.

Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg bekräftigte in seiner Eröffnungsrede, die er stellvertretend für Bundesarbeits­minister Heil auf dem Kongress „Leinen los, Sozialpartner­modelle!“ hielt, die Notwendigkeit eines Zusammenspiels der verschiedenen Säulen der Alterssicherung: „Die gesetzliche Rente ist die zentrale und stärkste Säule der Alterssicherung. Für eine auskömmliche Lebensstandardsicherung im Alter wird aber auch die zweite Säule, die betriebliche Altersversorgung, ein immer wichtigerer Baustein. Die Bundesregierung ist sich mit den Spitzenverbänden der Sozialpartner einig, dass die bedeutende Rolle der Tarifparteien in der Alterssicherung weiter ausgebaut werden kann und muss. Die mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführten Sozialpartnermodelle bieten dafür ein ideales, innovatives Instrument.“

Das tarifliche Sozialpartnermodell eröffne, so Staatssekretär Schmachtenberg, Möglichkeiten für einfache, attraktive, sehr kostengünstig organisierte Betriebsrenten bei gleichzeitig hoher Sicherheit. „Die Bundesregierung steht deshalb zu diesem Modell und dankt den Kolleginnen und Kollegen, die bei den Sozialpartnern derzeit an der Umsetzung des Modells arbeiten“, sagte Schmachtenberg.

Professor David Webber von der Boston University, Verfasser des vielbeachteten Buchs „The Rise of the Working-Class Shareholder – Labor’s Last Best Weapon“, betonte die Bedeutung der Sozialpartner, vor allem der Gewerkschaften, bei der kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung. „In den USA haben die Arbeitnehmerorganisationen damit begonnen, ihren Einfluss über den Kapitalmarkt auszuüben, indem sie die Stimmen ihrer Mitglieder durch die jeweiligen Pensionsfonds bündeln.“ Er sah für die Beschäftigten in Deutschland große Chancen. „Meiner Ansicht nach haben die Sozialpartner in Deutschland die große Chance, die Branchen Pensionsfonds vom Start weg richtig aufzustellen und damit von den Erfahrungen zu profitieren, die mit ähnlichen Gestaltungen in den USA, in Kanada, Australien, den Niederlanden und anderen Ländern gesammelt wurden.“ Wie wichtig es für die Gewerkschaften ist, ihren Einfluss über die Pensionsfonds auszuüben, erläuterte er mit Blick auf die USA: „Im 21. Jahrhundert werden die folgenreichsten Entscheidungen häufig über die Kapitalmärkte gefällt. Wie aber soll man dann gehört werden, wenn man als Aktionär überhaupt keine Stimme bzw. überhaupt keine Bedeutung hat?“

Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Freien Berufe, legte bei den Sozialpartnermodellen Wert auf einen ganz anderen Aspekt: „Der Fachkräfte­mangel schlägt sich immer stärker auch bei den Freien Berufen nieder. Das gefährdet nicht nur die wichtigen Aufgaben in der Daseinsvorsorge, sondern auch die Zukunftsaufgabe Transformation, für die die Freien Berufe Schlüsselfunktionen haben. Eine Studie der Bundestagsfraktion der Grünen sieht die Ziele der Energiewende bis 2030 dadurch gefährdet, dass 400.000 Fachkräfte fehlen, darunter zahlreiche der Freien Berufe. Es geht darum, Tätigkeiten bei den Freien Berufen noch attraktiver zu machen und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen stärker zu binden. Eine attraktive Altersversorgung trägt dazu maßgeblich bei, vor allem, weil es selbstständigen Kleinunternehmern ermöglicht, bei Sozialleistungen mit den Großunternehmen Schritt zu halten.“ Und weiter: „Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, können wir alle Berufsgattungen der Freien Berufe in einer einzigen Kasse bzw. einem einzigen Sozialpartnermodell zusammenfassen. Wir erwarten hierdurch enorme Kostenvorteile im Interesse der Beschäftigten.“Peter Borgdorff, der frühere CEO des mit einem Vermögen von rd. 250 Mrd. EUR zweitgrößten niederländischen Pensionsfonds „Zorg en Welzijn (PFZW)“ erklärte die Bandbreite der Herausforderungen eines so großen Pensionsfonds: „Wenn man ein Vermögensportfolio von 257 Mrd. EUR verwaltet, benötigt man viele Spezialisten. Ganz besonders natürlich im Asset Management, aber nicht nur dort.“ Und auch er beneidete die Ausgangslage für Deutschland: „Die ganz neue Gesetzgebung in Deutschland enthält bereits viel von dem, was derzeit die Niederlande für die seit Jahrzehnten bestehenden Pensionsfonds an Verbesserungen einführt.“

Thomas R. Schönbächler, Vorsitzender der Geschäftsleitung der größten schweizerischen Pensionskasse mit einem Vermögen von rd. 41 Mrd. CHF ging auf die in der Schweiz gut funktionierende Sozialpartnerschaft bei der Steuerung der Altersversorgungs­kassen ein: „In der Schweiz tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmende gemeinsam die Verantwortung für die Pensionskassen. Sie entscheiden deshalb zusammen und auf Augenhöhe. Das bringt auch langfristig die besten und nachhaltigsten Erfolge“. Zur Bedeutung der Größe einer Kasse sagte er: „Als größte Schweizer Pensionskasse haben wir gute Möglichkeiten Skaleneffekte sowie die Einkaufsmacht zu nutzen. So haben wir in der BVK die letzten 10 Jahre die Kosten halbiert – Geld das nun unseren Versicherten zu Gute kommt.“

Lutz Mühl, Geschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie, sagte zu dem in der Chemiebranche vor dem Start stehenden Sozialpartnermodell: „Auf Arbeitgeber­seite sind wir in der chemischen Industrie sehr erfreut darüber, dass wir mit dem gemeinsam entwickelten Sozialpartnermodell den Unternehmen und Beschäftigten der Branche eine zusätzliche, attraktive und leistungsfähige Option für die Altersversor­gung zur Verfügung stellen können.“ Er ergänzte: „Es ist ein Beweis für das gute Funktionieren der Sozialpartnerschaft in unserer Branche, wenn trotz der Vielzahl schwieriger Detailfragen und der wahrlich auf beiden Seiten nicht einfachen Aufgabe, komplexe Zusammenhänge kommunizieren zu müssen, jetzt eine solche Lösung an den Start gebracht werden kann.“

Dem pflichtete Michael Mostert, bei der IG BCE verantwortlich für Tarifrecht und
-gestaltung grundsätzlich bei, verwies aber auch auf die Hürden, die überwunden werden mussten: „Für die Arbeitnehmerseite war der Schritt hin zu einem Sozial­partner­modell nicht einfach.“ Und er präzisierte: „Die Abwesenheit von Garantien bezüglich der späteren Versorgungsleistung ist gerade bei der Entgeltumwandlung nicht ganz leicht einzusehen. Es wird viel Aufklärungsarbeit erfordern, um deutlich zu machen, dass gerade der Verzicht auf Garantien im Sozialpartnermodell erst ermöglicht, durch günstigere biometrische Berechnungsgrundlagen (marktnäherer Zins, realistischere Lebenserwartung) höhere Versorgungsleistungen vor allem bei Leistungsbeginn zu gestalten.“

Die Position der IG Metall erläuterte Jochen Homburg, Gewerkschaftssekretär und in der Vorstandsverwaltung der IG Metall zuständig für Tarifpolitik: „Wir wünschen uns in erster Linie ein höheres Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung. Möglicherweise könnte ein Sozialpartnermodell einen Beitrag zu einem angemessen Versorgungsniveau im Alter leisten. Hierzu loten derzeit die Tarifvertragsparteien in Baden-Württemberg die Möglichkeiten aus.“ Und zu den Chancen für den Erfolg der Sozialpartnermodelle ergänzte er: „Der langsame Start der Sozialpartnermodelle besagt noch nichts. Wir erinnern uns, wie in unserer Branche die Elektroautos anfänglich belächelt wurden. Heute lächelt darüber niemand mehr.“

Prof. Dr. Martin Franzen von der Ludwig-Maximilians-Universität in München betonte den gesetzlichen Korrekturbedarf für den erfolgreichen Start der Sozialpartnermodelle: „Die Sozialpartnermodelle eröffnen den Tarifvertragsparteien im Bereich der betrieblichen Altersversorgung ein wesentlich erweitertes Betätigungsfeld. Notwendig ist aber noch eine klarere gesetzliche Abgrenzung zwischen ihren Verantwortlichkeiten und derjenigen der Versicherungsaufsicht.“ Und zur Einordnung der mit dem Betriebsrenten-Stärkungsgesetz eingeführten Neuerungen sagte er: „Bei den reinen Beitragszusagen geht es nicht vorrangig um eine Erweiterung des Katalogs der Zusagetypen im BetrAVG. Reine Beitragszusagen sind vielmehr in erster Linie Mittel zum Zweck, um großvolumige, ja möglichst flächendeckende betriebliche Versorgungssysteme zu schaffen, die von den Sozialpartnern verantwortet werden.“

Christian Freiherr von Buddenbrock, als Rechtsanwalt aktiv bei der Entwicklung von Sozialpartnermodellen, erläuterte: „Das Betriebsrentenstärkungsgesetz hat mit der Schaffung der Sozialpartnermodelle den Tarifvertragsparteien und damit auch dem Tarifvertragsrecht in der betrieblichen Altersversorgung noch einmal einen ganz anderen Stellenwert zugewiesen. Das Aufsichtsrecht und die Ausübung der BaFin darf daher die Tarifautonomie der Sozialpartner nach Art. 9 Abs. 3 GG nicht einschränken. Die Reichweite der Aufsichtskompetenz ist hierbei ein Konfliktthema.“ Er fügte hinzu: „Ein von den Tarifparteien organisiertes und verantwortetes Altersversorgungsmodell, welches im arbeitsrechtlich zulässigen Rahmen geändert werden kann, darf sich nicht wegen aufsichtsrechtlicher Vorschriften als unveränderlich erweisen. Alles andere wäre ein unzulässiger Eingriff in die Tarifautonomie.“

Marco Arteaga, Rechtsanwalt und Sprecher des Eberbacher Kreises betonte, dass die Sozialpartnermodelle vor allem auch ein Instrument seien, um mit Hilfe der Verbände ein Versorgungsmodell zu etablieren, auf das sich auch kleine und mittelständische Unternehmen ohne weiteres einlassen können: „Insbesondere KMU bürden sich mit der Teilnahme an Sozialpartnermodellen weder Haftungsrisiken noch Verwaltungs­aufwand auf, können aber bei den Sozialleistungen mit den großen Arbeitgebern im Kampf um qualifizierte Fachkräfte mithalten.“

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